Die Kirche wird als räumliche und visuelle Einheit begriffen, die weder räumliche Ergänzungen noch Abtrennungen verträgt. Das Konzept basiert auf wenigen behutsamen und wohlüberlegten Eingriffen, die mit hohem Respekt für den Bestand eine große Bandbreite an Nutzungsmöglichkeiten eröffnen.
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St. Maria wird vor allem als Möglichkeitsraum betrachtet. Ein Raum für das Miteinander und das Nebeneinander von sakraler und profaner Nutzung. Der Entwurf besteht aus einem klar konfigurierten Raumgerüst, das offen interpretierbar und aktualisierbar bleiben soll. Es entsteht ein Raum im Raum, der auf vielfältige Weise bespielt werden kann, ohne den bestehenden Kirchenraum zu verstellen.
Dieses Raumgerüst besteht in der Hauptsache aus einer hölzernen Bühne, die der Gemeinde eine Mitte gibt und als Basis für die Gemeinschaft dient. Sie bezieht sich auf die Proportionen und die architektonische Logik des Kirchenraums.
Die Platzierung der liturgischen Orte Altar, Taufort und Tabernakel erfolgt in Bezug auf die Trinität in einem Dreieck. Taufort und Tabernakel befinden sich dabei in den Kapellenkränzen, der Altar in der Mitte der Vierung. In den Nebenportalen werden Orte der Andacht platziert. Die Bühne endet in respektvollem Abstand vor dem Hauptchor. In der Mitte der Achse des Tabernakels und des Tauforts befindet sich das neue sphärische Raumkreuz.
Mit der „Einschnürung“ der Bühne öffnet sich der Raum hin zu den liturgischen Orten, was auch die Zugänge dynamisch betont. Gefasst wird die Mitte von einem integrativen Sitz- und Lagermöbel, in dem Stühle etc. untergebracht werden. Die Nähe zwischen Stauraum und Bühne sorgt für einen unkomplizierten Auf- und Abbau. Durch die geringe Aufbauhöhe werden von der Bühne und von außerhalb der Bühne aus Sichtbeziehungen durch den Raum geschaffen. Durch die räumliche Fassung entsteht in der Mitte der Bühne eine Vielzahl an Nutzungsmöglichkeiten. Nicht-liturgische Formate lassen sich durch eine flexible Bestuhlung realisieren. Der Altar als Fixpunkt ist dabei stets präsent. Für die Taufe hält das Konzept eine Besonderheit bereit. Die Taufschale ist beweglich und kann sowohl am Taufort im Kapellenkranz, als auch auf einer mobilen, hölzernen Auflage im Mittelpunkt der Bühne platziert werden.
Diese Flexibilität wird ebenfalls durch den beweglichen Ambo generiert. Die Sakristei bleibt bestehen. Lediglich die sanitären Anlagen werden erweitert und durch die Trennung von der Sakristei von außen für die Besucher der Kirche barrierefrei zugänglich gemacht. Die bestehende Sakramentskapelle wird zum Raum des Dialogs und der Beichte umgewidmet. Die Emporen über Sakristei und Sakramentskapelle bleiben frei, sodass der Raum weiterhin durch die großen Fensteröffnungen ausreichend natürlich belichtet wird. Die Raumbühne ist hochfunktional: Eine Fußbodenheizung im Boden und eine Sitzheizung an den integrierten Bänken regulieren die Raumtemperatur.
Neue Pendelleuchten mit direktem und indirektem Lichtanteil schenken dem Raum eine helle und freundliche Atmosphäre. Das hölzerne Podest als schwingender Boden ist der Raumakustik zuträglich. Im Sinne der Gestaltung in bewusster Schlichtheit, sieht das Konzept eine ehrliche und wertige Materialwahl vor. Dabei kommt Eichenholz bei den Einbauten zum Einsatz. Es nimmt sich im Raum zurück und strahlt dabei ein wertiges Erscheinungsbild aus. Der Boden besteht aus breiten Dielen. Die hölzerne Konstruktion aus Eiche gewährleistet Rückbaubarkeit und Nachhaltigkeit. Geschmiedetes Eisen verbindet in seiner Materialität die liturgischen Orte von Altar, Kreuz, Tabernakel und Taufort.
Während beim Taufort, Tabernakel und Kreuz das Eisen als gebrannte und gefaltete Konstruktion die Basis bildet, besteht der feststehende Altar aus aufeinander gelegten und in sich verdrehten Eisenplatten. Eine silberne Taufschale, ein aus Gussglasplatten gefügtes Kreuz und der bestehende Tabernakel (Spolie) bekrönen dabei die Sockel aus geschmiedetem Eisen. Ein Beziehungsgeflecht zwischen Innen und Außen dient dem Abbau von Schwellen und ermöglicht ein behutsames, schrittweises Annähern an das Innere. Die Öffnung der Kirche wird durch die Reaktivierung des alten Seiteneingangs zur Furtbachstraße verstärkt. Der mittlere Eingang wird als Haupteingang definiert. Hinter den geöffneten Nebenportalen unter den Türmen kommen neue Festverglasungen zum Einsatz, welche eine Transluzenz schaffen.
Ein barrierefreier Zugang zur Kirche besteht von der Tübinger Straße aus. Innen- und Außenraum werden durch die Lage des Tauforts in einer Linie mit dem Paulinenbrunnen miteinander in Beziehung gesetzt. Auf dem Kirchenvorplatz wird eine zusätzliche Überdachung als Holzkonstruktion vorgeschlagen. Diese nimmt die Proportion des Quadrats des Innenraums auf und wird zum Ort der Begegnung. Sie dient zudem der Entzerrung des Vorplatzes.
Wettbewerb: 2. Preis, 2021
Architekten:
meck architekten gmbh
Axel Frühauf
Mitarbeit:
Christine Großmann, Sabrina Klingenstein, Karla Laukeningkat, Franziska Schidlo (Projektleitung)
Visualisierung:
VIZE
Beratung:
Pfarrer Erich Schredl, Ingolstadt